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„Wissenschaftskritiker“

Oliver Hochadel (Wien)

In der Kulturredaktion gibt es für jede Kunstform einen Kritiker. Theaterkritiker, Opernkritiker, Literaturkritiker, Musikkritiker usw. Wenn der Kritiker auch kein Künstler ist, so gesteht man ihm doch zu, auf Augenhöhe mit den Kunstproduzenten zu sein, mitreden zu können. Ja, kritisch zu sein, ein Stück oder einen Roman gar zu zerreißen, ist seine Pflicht. Denn er ist ja in gewisser Weise der Wächter für seine Leser, der die Qualität kontrolliert und notfalls warnt.

„Wissenschaftskritiker“ gibt es im Journalismus nicht, jedenfalls heißen sie nicht so und es wäre auch die Frage, was denn das genau wäre. Welche Aufgaben haben Wissenschaftsjournalisten? Es kann in ihren Texten ja wohl nicht um Geschmacksurteile gehen. Im System Wissenschaft spielt Ästhetik (angeblich) keine Rolle, denn es geht um harte Fakten, um die Entschlüsselung von Genen und Halbleiter auf Nanoebene. Ist der Wissenschaftsjournalist ein bloßer Übersetzer, der die komplexen Inhalte auf ein allgemeinverständliches Niveau herunterkocht?

In der Forschung zum Wissenschaftsjournalismus wird diese Auffassung schon seit mehreren Jahrzehnten problematisiert, da sie den Wissenschaftsjournalisten rein aus der Logik der Wissenschaft selbst definiert. Mein Beitrag wird diese Kritik (!) kurz referieren, dann aber vor allem aus meiner eigenen Praxis als Wissenschaftsjournalist berichten. Was es heißt, Paläoanthropologen zu kritisieren und dafür selbst, und nicht zu knapp, abgewatscht zu werden. Was passiert wenn man sich mit der Pharmaindustrie anlegt. Was Wissenschaftler unter dem Gegenlesen eines Interviews verstehen. Und was „kritischer“ Wissenschaftsjournalismus meinen könnte.